Die Hütte ist das Ziel


Text von: Michael Dostal

Tolle Ausblicke, erfrischende Schorle gegen den Durst, bodenständige Küche zur Stärkung: Die Pfalz hat das dichteste Netz an bewirtschafteten Wanderhütten aller deutschen Mittelgebirge. Ehrenamtliches Engagement sorgt für dieses ganz besondere Alleinstellungsmerkmal. Ein Besuch bei den Hüttenteams der Ringelsberg- und der Trifelsblick-Hütte, die beide am Premiumweg „Pfälzer Hüttentour“ liegen.

"Der Weg ist das Ziel.“ Das Zitat des chinesischen Philosophen Konfuzius ist weltbekannt. Und die Bandbreite an Interpretationen riesig. Dabei ist es so viel einfacher, wenn man sich Konfuzius mit Pfälzer Pragmatismus nähert: Schöne Wege gibt es viele, doch noch schöner sind die Ziele. Faszinierende Felsformationen, rauschende Wälder, stolze Burgen und – ganz besonders – Wanderhütten. Und dass man hier ankommen will, steht außer Frage. Denn wo sonst wird trotz anstrengender Aufstiege so viel gelacht? Wo sonst setzt man sich mit an Tisch oder Bank und gehört sofort mit dazu? Wo sonst gibt es schmackhafte Hausmannskost mitten im Wald? Sie liegen oberhalb von Gleisweiler und Frankweiler auf 550 beziehungsweise 463 Metern Höhe: die Trifelsblick- und die Ringelsberghütte. Bewirtschaftet werden sie von den Ortsgruppen des Pfälzerwald-Vereins (PWV) der beiden südpfälzischen Gemeinden. Beide Hütten stehen hier beispielhaft für die insgesamt rund 100 Anlaufstellen in der Pfalz. Einzig und alleine ehrenamtliches Engagement macht diese Bandbreite möglich.

Die Trifelsblick-Hütte

Ein Sonntag im Juli gegen halb zwölf Uhr mittags. Wanderer wischen sich den Schweiß von der Stirn und setzen den Rucksack ab. Radfahrer atmen durch und stellen ihr Mountainbike an die Seite. Angesichts hoher Temperaturen hält sich der Andrang in Grenzen. Nach und nach füllen sich aber die Bänke vor der Hütte. Besonders beliebt sind die Plätze an der Längsseite. Eine Lichtung im Wald macht den Blick frei zur Burg Trifels und den Weiten des Pfälzerwaldes. Damit die schöne Aussicht so bleibt, darf der PWV bis zu 100 Meter nach unten durchforsten.

Saft- und Weinschorle. Weißer Käse, Hausmacher oder Gemüsesuppe mit Servela. Wanderer und Radler haben die ersehnte Erfrischung oder Stärkung schnell auf dem Tablett an der Theke in Empfang genommen. Der Hüttendienst ist seit kurz nach acht Uhr aktiv. An diesem Sonntag ist die Trifelsblick-Hütte im „Familienbetrieb“. Im Einsatz sind Irmgard Buschbeck mit ihrem Mann Dieter, den Töchtern Sandra und Julia mit den Enkeln Hanna und Luca. Außerdem Irmgards Schwester Brigitta mit ihrem Mann Harry Kühlmeyer. Seit zehn Jahren ist dieser Vorsitzender der PWV-Ortsgruppe Gleisweiler. Im Verein engagiert sich der 68-Jährige bereits seit vier Jahrzehnten.

Während in der Küche Gemüse und Zwiebeln geschnippelt, die Suppe gekocht und der Weiße Käse angemacht wird, berichtet Kühlmeyer, wie die Vorbereitungen aussehen. „Mitte der Woche schaue ich mir den Wetterbericht fürs Wochenende genau an. Donnerstags wird dann je nachdem mehr oder weniger Ware beim Metzger und Bäcker bestellt“, erklärt er. Da es auf der Hütte keinen Strom- und Wasseranschluss gibt, muss Wochenende für Wochenende alles mitgebracht werden. Ausgenommen sind die Hausmacher-Dosenwurst und Getränke, die in einem kühlen Raum zwischen Hütte und Fels lagern.

Der Allrad-Bus, mit dem die Hütte angefahren wird, ist extra mit einem Wassertank ausgestattet. Mit einer Pumpe wird der Edelstahltank in der Küche gefüllt, in dem rund 500 Liter Wasser „zwischengelagert“ werden können. Über eine Photovoltaik-Anlage erzeugt man vor Ort Strom, der in einem Batteriesatz gespeichert wird. Die Kühlgeräte in Betrieb zu nehmen, ist dann auch eine der ersten Aufgaben, wenn die Teams ihren Hüttendienst beginnen. Im Winter kommt noch ein Gas-Aggregat dazu. Und natürlich der Kachelofen, der mit dem vom Verein selbst gemachten Holz befeuert wird.

Heizen ist beim Besuch im Juli absolut nicht notwendig. In der Küche hat es Temperaturen, die der einer Bio-Sauna zur Ehre gereichen. In dieser Küche begann übrigens alles. Die 1969 gegründete Ortsgruppe hat1970 mit dem Bau der Hütte begonnen. 1971 kommt der Gastraum dazu. Innen bietet die Hütte, wenn man den Vorraum mit dazu rechnet, rund 130 Gästen Platz. Im Außenbereich kommen weitere 200 Plätze hinzu. Kein Wunder, dass das Geschirr mehrfach zum Einsatz kommt, wenn an einem Sonntag mehrere 100 Essen über die Theke gehen. Da es keine Spülmaschine gibt, ist alles reine Handarbeit.

„Wir haben den Spitznamen Kuchenhütte“, macht Harry Kühlmeyer schmunzelnd auf eine Besonderheit aufmerksam. Die Erklärung steht direkt neben der Theke. Hinter Glas locken nebeneinander Apfelkuchen, Käsekuchen und Donauwelle. Und Ehefrau Brigitta kommt gerade mit Nachschub aus dem Ort. Der Kuchen in der Backform ist noch warm. Drei bis vier Mal im Jahr ist das eingespielte „Familien-Team“ im Einsatz. Samstag und Sonntag. An den anderen Wochenenden beteiligen sich alle Vereine aus Gleisweiler. Geregelt wird alles über einen Jahresplan. Dies ist notwendig, weil immer mindestens vier bis fünf Helfer benötigt werden. In den Hochzeiten im Frühjahr, Spätsommer und Herbst sogar bis zu acht.





Die Ringelsberg-Hütte

Vier bis acht Helfer im Schnitt leisten auch hier ihren ehrenamtlichen Dienst. „Wir haben viele Aktive, die nicht Mitglieder sind. Alles in allem gibt es zwischen 200 und 250 Helfer“, berichtet Martin Hagelstein. Der 31-Jährige ist seit 2012 Vorsitzender der Frankweiler Pfälzerwäldler. Bei der Betreuung der Hütte sind auch andere Vereine aus dem Ort im Einsatz. Ganz besonders freut es Hagelstein, dass es gelungen ist, PWV-Jugendgruppen aufzubauen. Die Mitglieder sind zwischen acht und 18 Jahren alt. Das Geheimnis des Erfolgs? „Das Machenlassen. Jeder kann sich einbringen.“, erklärt Martin Hagelstein die Basis für die komplett ehrenamtliche Tätigkeit. Und hinzu kommt der „Lohn“ in Form der Hüttennutzung. Denn Helfer dürfen hier auch mit ihren Freunden und Familien privat feiern.

In der Ringelsberg-Hütte setzt man auf gute Vorbereitungen, damit es keine zu großen Wartezeiten für die Besucher gibt. Die Abrechnung nach einem Sonntag ist immer der Beginn der Vorbereitung für den nächsten. Der Bedarf an Getränken und Lebensmitteln wird festgestellt und bei Bäcker oder Winzer vor Ort entsprechend geordert. Auch hier ist zur Wochenmitte der Wetterbericht ein wichtiger Orientierungspunkt. Zum Beispiel dafür, wie viel Soße für den Wurstsalat mit Essig, Öl und kleingeschnittenen Gurken vorbereitet werden muss. Samstags wird in einer Frankweilerer Weinbar der Schlüssel und das Wechselgeld bereitgestellt. Das Hüttendienst-Personal holt beides ab. Am Sonntag geht es mit den beim Bäcker gerichteten Brezeln und Broten gegen 9 Uhr hoch zur Hütte.

Vor Ort heißt es dann Fensterläden öffnen, Stühle vom Tisch nehmen und loslegen. Die Hütte ist mit Anschlüssen für Strom, Wasser, Abwasser und Telefon ausgestattet. Auch ein Gastank ist vorhanden. Bevor das Tagesgeschäft gegen halb zwölf Uhr richtig anläuft, wird in der komplett ausgestatteten Gastroküche alles vorbereitet: Gurken schneiden, Meerrettich für die Fläschknepp kochen, Dosenwurst aufschneiden. Wenn sich die rund 150 Innen- und 100 Außenplätze füllen, läuft alles seinen gewohnten Gang. Besonders begehrt sind die 50 Plätze auf der „Wohlfühlterrasse“, einer 2013 realisierten Aussichtsplattform vor der Hütte. Von hier hat man einen wundervollen Blick in die Rheinebene. „In der Regel neigt sich das Tagesgeschäft so ab 16 Uhr dem Ende entgegen“, berichtet Martin Hagelstein. Trotzdem kann es auch mal 21 Uhr werden, bis der Hüttendienst mit dem Saubermachen endet.

Der Ortsgruppen-Vorsitzende ist stolz darauf, dass alles so durchorganisiert ist. Einen einzigen Wunsch hat er, weil die Erwartungshaltung bei den Gästen immer höher werde. „Die ehrenamtliche Arbeit sollte nicht als Selbstverständlichkeit gesehen werden. Wir bedienen ja nicht wie im Restaurant, trotzdem freuen sich die Hüttenteams über Anerkennung. Dies kann durchaus auch mal ein Trinkgeld sein. Vor allem aber geht es darum zu sehen, dass wir manchmal auch lieber selbst eine Schorle trinken wollen“, meint Martin Hagelstein.

Ideell und materiell sorgen die Gäste dann dafür, dass die Hüttenkultur durchs Ehrenamt weiterlebt: Oasen im Wald als Treffpunkt der Geselligkeit. Und diese ist und bleibt, da führt kein Weg vorbei, ein Alleinstellungsmerkmal der Pfalz. Und deshalb lautet das Konfuzius-Zitat auf Pfälzisch: „Die Hütte ist das Ziel“.

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